News
Das Neuste von Save me Konstanz
Nour und ihre Schwester Heba aus Syrien starten in Deutschland durch. Doch davor mussten sie viele Hürden nehmen.
Von Claudia Rindt
„Meine Mama ist echt stark“, sagt die 19 Jahre alte Nour. Sie berichtet, wie die Mutter im Jahr 2013 mit fünf Kindern von Aleppo in Syrien durchs Heimatland bis nach Europa floh. Vor vier Jahren kamen alle in Deutschland an, auch Nour und ihre heute 17 Jahre alte Schwester Heba. Die beiden jungen Frauen geben sich bescheiden. Doch sie haben Erstaunliches geleistet während der Flucht und nach der Ankunft in Konstanz. Die beiden sind mindestens genauso stark wie ihre Mutter.
Die Mädchen lebten vier Jahre lang in der Fremde. Erst im eigenen Land, dann in der Türkei und mehr als ein Jahr in Griechenland. Danach gelang die Zusammenführung mit dem Vater, der den gefährlichen Weg nach Deutschland erst einmal allein gegangen war. Die jungen Frauen berichten, er sei General in Syrien gewesen. Als er sich geweigert habe, auf die eigenen Leute zu schießen, habe er in seiner Heimat nicht mehr sicher leben können. Sie erinnern sich noch, wie der Vater tagelang gar nicht nach Hause kam oder wie er plötzlich von Soldaten umringt gewesen sei. Als Kinder hätten sie „nicht gecheckt“, wie gefährlich das gewesen sei, berichtet Nour. Erst sei der Vater gegangen, dann die ganze Familie. Für die Mädchen begann die Zeit des Neuanfangs, des Einlebens und wieder Gehens. „Es ist sehr traurig, wenn man ein Land wieder verlassen muss“, stellt Nour fest.
Die 19-Jährige und die 17-Jährige haderten dennoch nicht lange mit dem Vergangenen. In Konstanz lernten sie mit Ehrgeiz Deutsch, unter anderem bei der Flüchtlingsorganisation Save me. Die Mutter, die in Syrien Lehrerin war, motivierte die Kinder. Mit Erfolg. Nour und Heba sprechen exzellent Deutsch. Sie besuchen die Wessenbergschule. Die 19-Jährige strebt das Fachabitur an, die Jüngere das Abitur am Wirtschaftsgymnasium. Heba ist stolz darauf, dass sie im vergangenen Schuljahr in Deutsch sogar die Note Eins bekommen hat. „Mathe und Physik kann ich gut, aber in Deutsch hatte ich Schwierigkeiten.“ Sie und ihre Schwester wollen einen guten Schulabschluss schaffen und dann studieren. Die Pandemie mit dem Coronavirus sei allerdings wegen der beengten Verhältnisse in der Wohnung schwierig gewesen, berichten die jungen Frauen. Nicht jedes der fünf Kinder habe ausreichend Platz für die Schule in den eigenen vier Wänden gehabt. Heba habe einer kleineren Schwester helfen müssen – zusätzlich zum eigenen Online-Unterricht. „Da war der Tag schnell vorbei.“
Heba berichtet, es sei in Konstanz anfangs gar nicht so einfach gewesen, Freunde zu finden. Doch dann hätten sie den Mädelstreff der Malteser besucht und bald Ausbildungen zu Sanitätshelferinnen angeschlossen. Inzwischen leiteten sie bei den Maltesern selbst Gruppen. Zudem setzten sie sich als Schulbegleiterinnen für schwächere Schüler ein, und die Young Leaders für engagierte Jugendliche hätten sie schon zu Fortbildungen bis nach Hamburg und Berlin geführt.
Die beiden zeigen sich entschlossen, das sichere Leben in Deutschland zu nutzen. Heba liebt das Reisen, ohne sich in Lebensgefahr begeben zu müssen. Nour möchte vieles, nur besser kein Vorbild sein. „Das ist anstrengend. Da muss man immer aufpassen, was man macht.
Nour Almohamad Alfadel (links) und ihre Schwester Heba sind aus Syrien nach Konstanz gekommen und haben sich hier gut eingelebt. Bild: Claudia Rindt