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Wie integriert man Frauen nach Flucht, Verfolgung oder gar Folter? Wovon träumen sie und womit wollen sie künftig ihren Lebensunterhalt verdienen? Anknüpfend an den Workshop „Traumraum“ mit männlichen Flüchtlingen im Dezember haben Prof. Judith M. Grieshaber (Kommunikationsdesign) und Prof. Eberhard Schlag (Architektur und Design) acht geflüchtete Frauen aus Syrien und dem Irak zwei Tage lang zu einem Workshop an die Hochschule Konstanz (HTWG) eingeladen.
SPD-Stadträtin und Save me Engagierte Zahide Sarikas (links) begleitete Flüchtlinge intensiv beim Näh-Workshop – einer der von Architektur- und DesignstudentInnen der HTWG konzipierten Wohn- und Beschäftigungsaktionen für Flüchtlinge.
Aus im ersten Workshop bemalten Folien sollten die Frauen zunächst einfache Taschen nähen. „Wir hätten nie gedacht, dass am Ende sogar Röcke, Hüte und Kleider entstehen“, sagte Eberhard Schlag. Mit dem Projekt wolle man versuchen, zumindest einen kleinen Beitrag zur Integration von Flüchtlingen zu leisten.
„Es war genial, wie schnell die Frauen ihr eigenes Ding gemacht haben“, sagte Designprofessorin Judith M. Grieshaber. „Wir sollten unbedingt auch in Zukunft etwas zusammen machen, wo die Frauen ihre Kreativität ausleben können. Vielleicht sogar ein eigenes Label entwickeln.“ Mögliche Partner für einen Nähkurs im Anschluss an den Workshop gibt es auch schon.
„Das Nähen hat mir Spaß gemacht“, sagte Lorin Muhammed. Zu Hause in Syrien traf sie sich manchmal mit ihren Freundinnen heimlich zum Nähen. Ihre Eltern sahen es nicht gerne. Sie wollten, dass die Tochter studiert. Zwei Jahre lang hat die 25-Jährige in Syrien Medienwissenschaften studiert. Gerne würde sie in Deutschland ihr Studium fortsetzen. Doch zuerst muss sie richtig gut Deutsch lernen. Ihr Mann sucht eine Arbeitsstelle in der Automobilindustrie.
Im Gegensatz zu den Männern aus dem ersten Workshop, die mehrheitlich ein Studium begonnen oder abgeschlossen hatten, waren die meisten Frauen aus dem zweiten Workshop in ihrer Heimat nicht berufstätig. Hier wollen sie offenbar auf eigenen Beinen stehen. „Für uns ist es ganz wichtig, dass nicht nur die Männer arbeiten gehen“, sagte eine 25-jährige Frau aus dem Irak. Die vom IS verfolgte Frau ist Analphabetin und muss nicht nur Deutsch, sondern auch lesen und schreiben lernen.
Baran Ismael lernt seit einem Jahr lesen und schreiben. „Es ist unglaublich, wenn man auf einmal den eigenen Namen und den seiner Kinder lesen und schreiben kann“, sagt die 28-Jährige aus dem Nordirak. Auch einkaufen sei sehr viel leichter, wenn man lesen kann. Jetzt wolle sie hier richtig ankommen und sich etwas aufbauen. Aber sie wolle nicht auf Kosten anderer leben, sondern arbeiten, sagt die junge Mutter. Anspruchsvoll sei sie nicht. Vielleicht wäre ja das Nähen etwas.
Auch Jihan Youssef würde gerne weiter Nähen. Sie hatte dabei sichtlich Spaß. „Happy“, steht auf der kleinen Jeanstasche für ihre Tochter. Auch einen Mini-Rock für Mutti und Tochter hat sie genäht. Gerne würde sie wie früher wieder als Frisörin arbeiten. „Aber ich kann keine Haare mehr schneiden“, sagt sie und zeigt mehrere Narben an den Unterarmen vor. Nachdem bekannt geworden war, dass sie an der Organisation von Demonstrationen beteiligt war, wurde sie verhaftet. Im Gefängnis wurde die 36 Jahre alte Frau gefoltert, die Arme wurden zerschnitten, ihre Finger gebrochen. Haare oder Gemüse könne sie damit heute nicht mehr schneiden. Aber sie könne nähen und gut kochen. Gerne auch in einem deutschen Restaurant.
Die beiden Workshops waren Teil des Semesterprojekts „Shelters – Call for entries“, in dem Design- und Architekturstudenten Lösungen zur Verbesserung der Situation von Flüchtlingen in Konstanz und der Region Dokuk im Irak erarbeitet haben. Schirmherr des HTWG-Projekts ist Europaminister Peter Friedrich. Das Land Baden-Württemberg hat mit Dohuk eine Partnerschaft.