Geschichte
Save me Konstanz. Eine Stadt sagt ja!
Save me beschließt, beim Thema ‚Räder für Flüchtlinge‘ aktiv zu werden. Ziel war und ist es, Flüchtlingen mehr Mobilität zu ermöglichen, um Stadt und Land besser kennen zu lernen.
Ziel war auch von Anfang an zu versuchen, die Flüchtlinge in die Arbeit einzubinden, was aber erst realisiert werden konnte, als entsprechende Räumlichkeiten für eine Werkstatt gefunden wurden.
Auch war damals schnell klar, dass die Flüchtlinge einen – bescheidenen – Obolus für ein Rad entrichten sollten, um so ihre Wertschätzung für den Besitz auszudrücken. Diese Einnahmen (5€ pro Kinderrad, ab 15€ für Damen- und Herrenräder, MTB’s etwas teurer) wurden dazu verwendet, notwendige Ersatzteile bezahlen zu können.
Das Projekt hatte und hat viele Facetten:
Positive Nebeneffekte:
Horst Schließer übernimmt das Projekt, zunächst alleine, und bittet im Gemeindeblatt von Reichenau um Fahrradspenden. Die Reaktion ist überwältigend: Über 40 Räder spenden die Reichenauer*innen.
Abgeholt wurden die Räder damals per Privat-PKW. Da es noch keine eigenen ‚Schrauber‘ gab und auch keine Werkstatt, wurden die Räder dann an zwei Reparaturstellen gebracht: INDIGO (Eine integrative Einrichtung, welche u.a. auch eine Fahrradwerkstatt in Konstanz betreibt) und die Fahrradwerkstatt des ZfP Reichenau, welche ihr Projekt als Arbeitstherapie betreibt.
Die reparierten Räder konnten in einem Keller der Gemeinschaftsunterkunft des Landratsamts Konstanz in der Steinstr. 20 zwischengelagert werden.
Mitte April 2015 wurden dann die ersten Räder ‚an die Leute gebracht‘. Mittlerweile hatte sich auch ein kleines Helferteam gebildet. Grund hierfür war, dass die Ortsgruppe Konstanz von ‚Ingenieure ohne Grenzen‘ sich anbot zu helfen.
Die Reparaturbedingungen waren anfangs sehr schwierig, da das Landratsamt keine adäquaten Räume zur Verfügung stellen konnte: Die Fahrradwerkstatt hatte zwei Keller zur Lagerung der Räder sowie den Flur, welcher die beiden Kellerräume verband, als Reparaturplatz.
Froh war das Team der Radwerkstatt, als es im Winter 2015/16 dann für ein halbes Jahr Räumlichkeiten des ehemaligen Autohauses Graf Hardenberg benutzen konnte. Dort hatte auch die Save me-Kleiderkammer eine Lager- und Verkaufsmöglichkeit. Das Autohaus hatte seinen Betrieb eingestellt, ein Abriss für die nachfolgende Wohnbebauung hatte noch nicht begonnen.
In dieser Zeit erweiterte sich das Team der Radwerkstatt um einige verlässliche Helfer: Rentner hatten die Radwerkstatt ‚entdeckt‘.
Da die Nutzung des Autohaus-Geländes nur temporär war, zog die Radwerkstatt im Frühjahr 2016 zurück in die Steinstraße.
Nach Langem gelang es schließlich, eine für die Anforderungen ideale Werkstatt anzumieten. Für das Gelingen hatte die Stadt Konstanz einen erheblichen Beitrag geleistet. So bezog die Save me-Fahrradwerkstatt im Mai 2016 ihre Räumlichkeiten in der Hans-Thoma-Str. 2-4 in Konstanz Petershausen.
Die Zahl der Helfer hatte sich enorm gesteigert: 35 Leute waren in der Helferliste der Werkstatt. Diese waren mehr oder weniger aktiv, schlussendlich hatte und hat die Werkstatt einen festen Kern von zehn Personen.
Dazu kamen damals noch 13 Helfer unter den Flüchtlingen. Jeder der Flüchtlinge, der regelmäßig mithalf, durfte sich ein gespendetes Rad aussuchen, dies reparieren und behalten. Bei den Helfern unter den Flüchtlingen gab es eine größere Fluktuation, bedingt durch persönliche Verhältnisse, Verlegung u.ä. Die Radwerkstatt hatte das Glück, dass die Helfer i.d.R. sehr fit waren, und dadurch bald Ausbildungsplätze oder weiterführende schulische Ausbildungen antraten.
In mittlerweile zweieinhalb Jahre in der Werkstatt in der Hans-Thoma-Straße gab es ab und an auch Mangel an Helfer*innen.
Waren zu den Anfängen der Werkstatt viele Helfer aktiv, die noch voll im Berufsleben standen, sind mittlerweile aus diesem Kreis nur noch wenig aktiv: Neben Familiengründungen war es vor allem der berufliche Stress, der keine ehrenamtlichen Tätigkeiten mehr zuließ. Auch einige Wegzüge waren Gründe für eine teilweise Flaute.
Inzwischen ist das Team der Werkstatt wieder besser aufgestellt, vor allem durch Männer in Rente. Dadurch ergab sich auch eine „Win-Win-Situation“: Die Helfenden haben eine Aufgabe, die Spass macht und lernen dabei noch einiges (die meisten sind ja „rad- und technikverrückte Schrauber“), sie haben Kontakt in einer heterogenen Gemeinschaft und unterstützen Hilfsbedürftige.
Bis zu diesem Zeitpunkt wurden der Radwerkstatt schon über 1.700 Räder gespendet. Waren es anfangs hauptsächlich private Spenden, so sorgten zunehmen Fundräder der Stadt Konstanz – stehengelassene/ ‚verlassene‘ Räder von Uni und Fachhochschule sowie von großen Hausanlagen – für stetigen Nachschub.
Ca. 1.200 Räder fanden neue Besitzer*innen. Dadurch hat sich auch der Reparaturaufwand der im Umlauf befindlichen Räder immens gesteigert. Repariert werden in der Werkstatt natürlich nur Räder, die auch dort erworben wurden (um dem hiesigen Fahrradhandel keine Konkurrenz zu machen). Dabei soll, wenn möglich, der ‚Kunde‘ mit Hand anlegen. Die benötigten Ersatzteile müssen bezahlt werden.
Die Jahre 2020 und 2021 waren, coronabedingt, auch für die Save me-Radwerkstatt problematische Jahre. Wie den Bedarf decken und trotzdem gesund bleiben? Man darf nicht verkennen, dass die Mannschaft der Werkstatt überwiegend aus älteren Semestern besteht, und das Team daher in jeder Beziehung sehr vorsichtig sein musste.
2022 war, neben allem anderen Krisen in der Welt, für das Team ein sehr trauriges Jahr: Zwei langjährige Helfer, Rolf Drexel und Horst Schabel, waren schwer krank. Einer kämpfte sehr lange, ein anderer starb wenige Wochen nach der Diagnose, beide verstarben im Oktober 2022. Sie werden in jeder Hinsicht für immer unvergessen bleiben und eine große Lücke bei uns hinterlassen.
Aber es gab noch einen schönen Erfolg: Horst Schabel entdeckte unter den Radspenden ein Handbike für Rollstuhlfahrer*innen. Durch die Vermittlung von Stephan Grumbt, Behindertenbeauftragter der Stadt Konstanz, konnte das von der Fahrradwerkstatt aufbereitete Handbike der Konstanzer Rollstuhlsportinitiative e. V. KoRolli übergeben werden, die sich mit einer Spende bei Save me bedankte. Nicht genug damit: Beide Vereine erhalten dafür 2023 den Inklusionspreis des Landratsamts.
Die Bilanz nach acht Jahren Save me-Radwerkstatt listet über 2.500 gespendeten und 1.800 weiterverkauften Rädern.
Aktuell zählt die Werkstatt 13 Helfer*innen: Sieben Rentner und sechs, die neben ihrer Arbeit noch Zeit finden, zu unterstützen. Teilweise sind sie sehr jung, darunter auch eine Frau. Die Radwerkstatt ist weiterhin dabei ,weitere Helfer zu finden.
Die Maskenpflicht in der Werkstatt ist mittlerweile aufgehoben und das Team beginnt wieder ganz vorsichtig mit Flüchtlingen deren defekte Räder gemeinsam zu reparieren.
Für den 7. März 2023 ist die Übergabe des Inklusionspreises der Stadt Konstanz an die Vereine Save me Konstanz sowie KoRolli geplant.
Horst Schabel von der Radwerkstatt, der eine Radspende an KoRolli in die Wege geleitete hatte (siehe 2022) erhält so posthum eine Ehrung und Anerkennung.